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I2PANEMA – Die Zukunft der Vernetzung internationaler Hafenakteure

07.04.2021

Die Globalisierung ist eines der wichtigsten Themen des 21. Jahrhunderts und beschäftigt nach wie vor auch den internationalen Handel. Als drittgrößter Containerhafen Europas beteiligt sich der Hamburger Hafen auch deshalb seit dem Projektstart Ende 2019 mit an dem Forschungsprojekt I2PANEMA. In Zusammenarbeit mit internationalen Partnern aus Forschung und Industrie arbeitet die HPA an innovativen IoT-Lösungen für eine bessere Vernetzung mit Handelspartnern und Steigerung der Prozesseffizienz im täglichen Hafengeschehen.

Um mehr über dieses spannende Forschungsprojekt zu erfahren und Einblicke in den aktuellen Forschungsstand zu erhalten, haben wir mit Julia Wernecke, der Projektleiterin für I2PANEMA bei der HPA, gesprochen. Welche Themen gerade im Fokus stehen, wofür die Abkürzung überhaupt steht und mit welchen Problemen das Projekt zu kämpfen hat, lest ihr in dem nachfolgenden Interview.

homePORT: Julia, kannst du uns zuerst einmal erläutern, worum es bei dem Projekt geht und wofür die Abkürzung I2PANEMA eigentlich steht?

J: Die wesentliche Motivation für unser Projekt ist es, die Zusammenarbeit zwischen europäischen Häfen zu stärken. Bisher werden Prozesse in See- und Binnenhäfen häufig noch analog gehandhabt und die Digitalisierung in der Branche schritt in der Vergangenheit vergleichsweise langsam voran – das erschwert natürlich die moderne Zusammenarbeit. Bereits implementierte IT-Systeme sind zumeist singuläre Lösungen einzelner Häfen und die erhobenen Daten demnach sehr heterogen. Das erschwert es, sie in ein umfassendes Steuerungssystem einzubinden und macht eine breite, digitale Zusammenarbeit nahezu unmöglich. Zusätzlich wird in Häfen die Angst vor IT-Sicherheitslücken immer größer. Genau diese Problematik wollen wir in dem Projekt angehen. Das Akronym I2PANEMA resultiert aus dem Projekttitel „Intelligent IoT-based Port Artefacts Communication and Maintenance“. Im Wesentlichen steht es für unser Ziel, die Verbreitung von sicheren plug-and-play IoT-Technologien im Hafenumfeld voranzutreiben, um die Effizienz und Nachhaltigkeit von hafenassoziierten Prozessen zu optimieren. Konkret führen wir anhand von verschiedenen Beispiel-Use Cases eine Anforderungsanalyse durch und entwickeln – darauf aufbauend – eine IoT-Referenzarchitektur, die einen hohen Grad an Interoperabilität zulässt. Diese soll es ermöglichen, sichere IT- und IoT-Lösungen in einer standardisierten Form in verschiedensten Häfen einzuführen und gleichermaßen eine vereinfachte Zusammenarbeit zwischen Häfen und Hafenakteuren zu gewährleisten. Genau diese Zusammenarbeit wird in Zukunft verstärkt gefragt sein, um Lieferketten digital abzubilden und Schwachstellen schnell erkennen und beheben zu können.

homePORT: Wie auf der Partnerseite der HPA zu sehen, ist dies kein Projekt, das allein von der HPA durchgeführt wird. Wer sind die Projektpartner und welche Rolle spielt die HPA?

J: Neben der HPA sind noch 16 weitere Partner aus Deutschland, Spanien und der Türkei beteiligt. Diese sind ebenfalls Häfen oder Akteure aus Forschung und Industrie. Wie auch die anderen beteiligten Häfen ist die HPA in dem Projekt sozusagen Use-Case-Geber. Wir definieren, welche Anwendungsfälle konkret bei uns in Hamburg demonstriert werden sollen und koordinieren die Umsetzung. Für unsere Hamburger Anwendungsfälle arbeiten wir eng mit dem Fraunhofer IML, dem Fraunhofer CML wie auch mit dem Start-up NautilusLog und den Sicherheitsexperten von NXP zusammen.

homePORT: Wieso ist das Projekt relevant und zukunftsweisend für internationale Häfen?

J: Unser Projekt soll wertvolle Impulse zur Standardisierung von IoT-Lösungen geben und so die weite Verbreitung von digitalen Technologien in europäischen See- und Binnenhäfen fördern. Ein solcher, einheitlicher Entwicklungsrahmen hat das Potential die Zusammenarbeit zwischen den Häfen zu stärken und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Häfen zu festigen.

homePORT: Kannst du uns einen Einblick in den derzeitigen Stand des Projekts geben und weitere Meilensteine erläutern? Bis wann soll das Projekt abgeschlossen werden?

J: In Hamburg arbeiten wir derzeit an drei Anwendungsfällen: In einem soll über ein intelligentes Logbuch der aktuelle Energiebedarf von Containerschiffen ermittelt und zusammen mit weiteren Informationen zum geplanten Hafenaufenthalt mit der HPA geteilt werden. Daraus möchten wir eine möglichst genaue Leistungsprognose für die Liegezeit im Hamburger Hafen erstellen. Dieser prototypische Prozess soll dazu beitragen, dass die Schiffe im späteren Regelbetrieb frühzeitig ihren Stromverbrauch anmelden und dadurch mit möglichst preiswerter Energie an den geplanten Landstromanlagen versorgt werden können. Ein anderer Anwendungsfall betrifft ebenfalls den standardisierten Datenaustausch über ein Logbuch. In diesem Fall sollen die Daten für eine vereinfachte Anmeldung von umweltbezogenen Hafennutzungsrabatten genutzt werden. In beiden Fällen werden bereits die notwendigen Daten für die Definition einer standardisierten Schnittstelle betrachtet. Im dritten Anwendungsfall arbeiten wir eng mit dem Betreiber des lokalen Fährverkehrs, der HADAG Seetouristik und Fährdienst AG, zusammen. Gemeinsam mit unserem Partner aus Forschung und Industrie wollen wir für sie eine Echtzeit-Fahrgastinformation entwickeln, sodass die Fahrgäste per Smartphone jederzeit sehen können, ob ihre Fähre wie gewohnt pünktlich fährt und wie es um das aktuelle Fahrgastaufkommen bestellt ist. Hierzu haben wir bereits die Grundsteine für eine digitale Betriebslenkung gelegt und wagen uns als nächstes an die technische Ausstattung erster Schiffe. Die entsprechende Software wird dann agil entwickelt und erprobt. Unser Ziel ist es, jeweils bis zum ITS Weltkongress 2021 erste Ergebnisse demonstrieren zu können. Insgesamt läuft das Projekt noch bis Ende Mai 2022.

homePORT: Was sind die derzeit größten Herausforderungen oder Probleme?

J: Tatsächlich war die Zeit zwischen dem Einreichen des Projektantrags und der finalen Bewilligung durch den Projektträger sehr lang. Aufgrund des sich stetig wandelnden Projektumfelds war unser eigentlich geplanter Anwendungsfalls zum Zeitpunkt der Bewilligung nicht mehr ganz aktuell, sodass wir uns kurzfristig nach Alternativen umsehen mussten. Dies hat uns etwas in Zeitverzug gebracht, den wir aktuell aufzuholen versuchen. Durch die Pandemie und die damit verbundenen Restriktionen ist das nicht gerade leicht. Denn obwohl aufgrund der Internationalität des Projekts die digitale Zusammenarbeit ohnehin schon einen hohen Stellenwert hatte, kann man durch Vor-Ort-Besuche oft doch schneller verstehen, was zu tun ist oder auch die praktische Erprobung von z.B. Hardware gemeinsam besser angehen. Nichtsdestotrotz sind wir auf einem guten Weg und guter Dinge, unsere Ziele erreichen zu können.

homePORT: homePORT hat seine Tore bereits virtuell geöffnet und wird im Frühjahr dieses Jahres auch einen physischen Campus im Hafen errichten. Dabei stehen auch Zukunftstechnologien wie Drohnen, Sensoren und IoT-Anwendungen im Fokus. Welche Möglichkeiten siehst du, homePORT für euer Projekt zu nutzen?

J: homePORT bietet eine wunderbare Plattform zum Austausch und zur Vernetzung. Ich würde mir wünschen, dass wir I2PANEMA im Rahmen des homePORTs auch anderen Akteuren vorstellen und durch ihr Feedback neue Impulse zur Optimierung der Anwendungen generieren können. Genauso möchten wir auch unsere Erfahrungen mit anderen teilen, sodass sie vielleicht von uns lernen und auch direkt unsere IoT-Referenzarchitektur für ihre Anwendungen nutzen können.